Rundwanderung zu den Lärchen im Hittuwald
Von Brig über den Simplonpass mit dem Postauto: das ist ein besonderes Erlebnis. Die Haltestelle in Simplon-Dorf befindet sich beim Hotel Post, dessen Bau, wie auch der der Simplonstrasse, gemäss einer Inschrift am Haus, von Napoleon angeordnet worden sein soll. Über die Zufahrtstrasse wandern wir über die Chrummbach-Brücke zum Dorf hinaus und über die Autostrasse ins Gebiet Bru, wo der Bergweg, rot-weiss-rot markiert, schnell ansteigt. Durch Föhrenwald geht’s ein paar Kehren, nachher am Hang entlang, hinauf bis Pt. 1660. Der Verkehrslärm von der Passstrasse her wird bald vom Rauschen des Flusses im Tal und vom Wind übertönt. Bei einem Wegweiser angelangt folgen wir dem Panoramaweg. Nach etwa 200 m treffen wir auf die ersten dicken Lärchen im Hittuwald. Der Name kommt von der Maiensässsiedlung „Hittä“ am südlichen Rand des Waldes, der die Gebäude vor Lawinen schützt. Hier am Chastlerberg hatte die Lärche als Pionierbaum, der viel Licht braucht und am liebsten auf vegetationsarmem Untergrund wächst, hier auf den Geröllhalden eines vergangenen Felssturzes, gute Chancen. Da die Lärche im Herbst die Nadeln abwirft und auch im Sommer viel Licht auf den Boden fallen kann, ist er mit Gras bewachsen. So wurde früher der Wald als Weide für Ziegen genutzt. Beweidung (und Holzwirtschaft) erschufen neue offene Flächen, was der Lärche wiederum Vorteile verschaffte. Werden Beweidung aufgegeben und der Holzeinschlag reduziert, gewinnen anspruchslosere Fichten und vor allem Arven die Oberhand und der Waldtyp ändert sich, die lichthungrige Lärche wird verdrängt.
Die ältesten Bäume –die meisten mit einem Brusthöhenumfang von vier bis fünf Metern- sollen bis 850 Jahre alt sein, manche bringen es sicher auf ein halbes Jahrtausend. Die dicke, korkähnliche, rötlich gefärbte Borke schützt gegen –früher viel häufiger auftretende- Waldbrände.
Weiter auf der Panoramastrasse treffen wir auf alte Bäume, die zum Teil einzeln, zum Teil in Gruppen stehen. Oberhalb des Fahrweges finden sich vier alte Lärchen, ein sehr schönes Exemplar steht etwa 50 m oberhalb der Strasse inmitten eines Geröllfeldes. Dieser Baum erreicht einen Brusthöhenumfang von 4.50 m; später treffen wir noch auf zwei mit über 5 m. Nach der Querung eines mit Jungwuchs bestandenen Lawinenhangs kommen wir auf eine geteerte Strasse, der wir etwa 200 m folgen, um dann rechts wieder in den Panoramaweg einzubiegen, der nach Simplon-Dorf zurückführt. Hier sehen wir es sehr gut: Ist die Lärche vorherrschend, ist der Wald lichter, offener und heller. Auch auf dem Rückweg durch den untern Teil des Hittuwaldes, „ Chäschermatta“ ist die Ortsbezeichnung, treffen wir auf enorm dicke Lärchen. Am Rand der Lawinenschneise finden wir drei herrliche Bäume, auch weiter direkt am Weg steht ein wunderbarer Baum mit einem Brusthöhenumfang von 5.60 m. Kurz nachher treffen wir auf eine Lärche mit einer Bank daneben, wo wir zur Rast uns niederlassen. Als „Linde der Gebirgsbewohner“ war die Lärche früher ein Baum, unter dem man Versammlungen und Wahlen abhielt und Gerichtsentscheide gefällt wurden. Etwas „Hehres“ ist der Lärche eigen; sie lässt uns inne halten.
Kommen wir auf der Wanderung dem Dorf wieder näher, werden die dicken Lärchen seltener. Die zwei letzten Riesen finden wir an der Suone, der „Chrummbacheri“, der Wasserleitung, die das kostbare Nass auf die Wiesen unterhalb des Hittuwaldes bringt. Ein Baum ist mit einem Zettel behangen: „Umfang 5.10 m, Willi“. Die zweite Lärche 20 m weiter hat „Willi“ nicht vermessen, sie erreicht gut 5 m. Ein schöner Weg folgt der Suone bis kurz vor der Brücke über die Autostrasse, wo unsere Bergwanderung startete. Ins Dorf zurück ist es nicht mehr weit.
Wie hin?
Mit dem Postauto von Brig über den Simplonpass nach Simplon-Dorf, Fahrplanfeld 12.631; 4 Kurse an Werktagen, 2 zusätzliche Kurse an Sonntagen, 2 Kurse nur von Mitte Juni bis Mitte Oktober.
Wie weg?
Wie bei der Anfahrt. Oder mit dem Postauto durch die Gondoschlucht nach Iselle, von dort zurück durch den Simplontunnel nach Brig, Fahrplanfeld 12.631 für das Postauto; Fahrplan konsultieren, da einzelne Kurse nur bis Gondo verkehren. Für den Zug durch den Simplontunnel Fahrplanfeld 145.
Wie lange?
Postautohaltestelle Simplon-Dorf, 1490 m ü.M. – Bru, 1500 m ü.M. – Hittuwald, Pt. 1660 und 1633 – zurück auf dem Panoramaweg und der Suone entlang bis Bru, 1500 m ü.M. –Simplon-Dorf gemütlich 2 Std.
Kartenmaterial:
Lk 1: 25 000 Simplon, Nr. 1309
Im Spätherbst, wenn sich die Nadeln gelb verfärben und sich vom Blau des Himmels abheben, so sagt man, dass die Lärche das Licht des Sommers wieder zurückgibt.
Zeugen des Verkehrs über den Pass begleiten uns auf der Südseite des Simplons: Der alte Saumpfad, der Alte Spittel unterhalb des Passes, das Hospiz auf dem Pass, der Stockalperturm in Gondo und die Napoleonstrasse wie auch die Bauwerke der heutigen Nationalstrasse. Simplon-Dorf ist eine gut erhaltene Siedlung mit etlichen alten Gebäuden.
Buchtipp: R. Schloeth, Die Lärche, ein intimes Baumporträt, AT Verlag, Aarau, 1996

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