Rundwanderung zwischen Pilatus und Stanserhorn
Muttergottestanne in Kerns/OW und JakobswegIn St.Jakob, einem Weiler der Gemeinde Ennetmoos/NW starten wir bei der Kirche. Sie stammt aus dem 19. Jh. Die Statue des Pilgerpatrons befindet sich über dem Kircheneingang. Von (Einsiedeln und) Stans her kommend führt hier der Jakobsweg Richtung Flüeli-Ranft/Sachseln (und Brünig) vorbei. Bergwärts nehmen wir den Weg unter die Füsse, wandern durch den Weiler und aufwärts durch ein Waldstück. Wieder auf offenerem Gelände erreichen wir den Hof Ifängi. Alte Obstbäume stehen hier. Jetzt führt der gut signalisierte Weg über eine Bachbrücke weiter Richtung Kerns. Wir lassen den Jakobsweg mal Jakobsweg sein, bleiben auf der linken Seite des Baches, überqueren ihn dann auf der nächsten Brücke und steigen –immer auf der rechten Bachseite bleibend- durch ein Waldstück an. Wegen Holzschlag war (ist) der Weg hier nicht leicht zu finden. Beim Hof Sitz gelangen wir zur Fahrstrasse, die hinauf zum Ächerlipass führt. In ein paar Kehren folgen wir der asphaltierten Strasse. Nach etwa viertelstündigem Weg stehen wir vor einem Waldhaus mit Feuerstelle und Brunnen. Rechterhand abwärts führt der Fahrweg Richtung Kerns, nach etwa 100 m in einer leichten Rechtskurve erreichen wir die Muttergottestanne. Etwas erhöht am Wegrand steht der Baumstrunk, der mit einem Schindeldach gedeckt ist. Auf 1 m Höhe findet sich ein senkrecht stehender ovaler Riss, worin eine Marienstatue eingewachsen ist. Im untern Teil der Öffnung ist eine Rose angebracht. Oberhalb des Risses sind ein Kreuz und darüber eine Inschrift angenagelt. Hinter der Muttergottestanne wurde 1926 eine kleine Kapelle erbaut. Ein Marienbild und Marienstatuen sind darin aufgestellt. Blumen schmücken die Kapelle, ein Licht brennt, was darauf hinweist, dass die Stätte besucht wird. In seinem Buch „Magisch Reisen, Schweiz“ (1) schreibt Pirmin Meier: „Einer der schönsten heiligen Bäume in der Schweiz ist die Muttergottestanne in Kerns. Wenn es sich nicht schon herumgesprochen hätte, dass Bäume weiblich sind, muttergöttlich besetzt- vor der Muttergottestanne in Kerns wird es offenbar. Die Muttergottestanne verkörpert ein schlichtes Symbol der Heiligung der weiblichen Geschlechtlichkeit, auch der Versöhnung von archaischer und christlicher Religion, wie es im christlichen Abendland selten angetroffen wird.“ In „Baumgenossen“ (2) von Bernd Steiner lesen wir: „Und auch wenn in Obwalden keine Kirche um diesen Baum gebaut wurde, im 17. Jh. sind auf diese Weise in Europa Dutzende von Wallfahrtskirchen entstanden: Zuerst war ein besonderer Baum da, an ihn hing irgendwann jemand ein Marienbild, das plötzlich Wunder tat; der Pfarrer liess es, weil doch Bäume böse heidnische Symbole sind, in die Kirche bringen, doch am nächsten Morgen hing es wieder am Baum. Verständlich, dass dem Priester die Sache verleidete, er liess eine Kapelle zum Baum bauen, da kamen immer mehr Gläubige, da wurde die Kapelle zu klein….“ Eine Wallfahrtskirche ist hier nicht entstanden, die Lage der Muttergottestanne war und ist nicht optimal. Im Buch „Baumzauber“ (3) schreibt Kurt Derungs: „Am Ort selbst befinden sich eigentlich zwei Kultmonumente, nämlich die heilige Tanne der alteingesessenen Naturverehrung und ein jüngeres Bethaus mit einer Marienfigur. Offensichtlich wurde hier eine Baumahnin mit der biblischen Maria verchristlicht. Von der heiligen Tanne besteht nur noch das Wurzelwerk und der untere Stamm. Jedoch ist an diesem eine ovale Schossöffnung deutlich erkennbar. Erst in jüngster Zeit säuberte man die Tanne und nagelte direkt über den heiligen Baumschoss ein übergrosses Kreuz mit einer Jesusfigur. Es ist ein Zeichen der Zeit und der patriarchalen (Wieder)-Bemächtigung. Und möglicherweise auch ein Symbol der Vermännlichung der alten Baumahnin“. Die geneigte Wandrerin, der geneigte Wanderer mögen aus diesen drei Stimmen herausnehmen, was für sie stimmt. Sicher ist, dass ein Geheimnis diesen Ort – man kommt nur hierhin, wenn man ihn sucht- umwebt und einzigartig macht. In Bäume „eingewachsene“ Marienstatuen kennen wir auch in andern Ländern. In Troncq im Departement Eure in Nordfrankreich steht eine mehrhundertjährige Eibe, in der in der Stammhöhlung seit dem 16. Jh. eine Statue eingeschlossen ist. Marienstatuen können auch in einer Nische, im Schutz eines Baumes stehen. So z.B. in Saint-Vincent-de-Paul in den Landes, wo eine 800jährige Eiche mit 12,5 m Durchmesser die „Vierge“ „unter ihre Äste genommen hat“. In der Stäubenkapelle hoch über Gurtnellen/UR steht die Statue in einem ausgehöhlten Baumstamm. Jedesmal wenn ich hier zu einer Wanderung ins Gornerental aufsteige, frage ich mich, ob sich die Gurtneller der Symbolkraft in ihrer Kapelle wohl bewusst sind. Der Weg führt hoch über Kerns weiter, dann hinunter nach Ober Ei und Mirgg. Durch intensiv bewirtschaftetes Land folgen wir der Fahrstrasse. Bei der Kapelle St. Antoni kommen wir auf den Jakobsweg zurück. Dieser schön gelegenen Kapelle statten wir einen Besuch ab und zünden eine Kerze an. Jetzt gehen wir auf dem Jakobsweg zurück –quasi auf dem Rückweg von Compostela- nach St. Jakob. Der schön angelegte Weg führt durch eine Landschaft mit riesigen Felsblöcken und Einzelhöfen. Im „Pilgerstübli“ unterwegs gönnen wir uns einen Kaffee. Zu einer Rast lädt uns unterwegs noch das Maichäppeli ein. Vor der Kapelle unter den alten Bäumen sitzend sinnieren wir, versuchen, unsere Eindrücke in ein Rundes zu formen. Weiter auf dem Jakobsweg treffen wir in Ifängi auf die uns schon bekannte Aufstiegsroute nach St. Jakob. Wie hin? Von Stans nach St.Jakob mit dem Bus, Fahrplanfeld 60.312, Linie 312; keine Kurse an Sonn- und Feiertagen, ausser Rufbus Nidwalden bei tel. Reservation bis 1 Std. vor Abfahrt. P bei der Kirche St. Jakob. Wie zurück? Wie bei der Anfahrt. Wie lange? St. Jakob, 541 m ü.M. – Ifängi, 605 m ü.M. – Sitz, 735 m ü.M. – Muttergottestanne, ca. 840 m ü.M. 1 Std. 15 Min. Muttergottestanne – Kapelle St. Antoni, 706 m ü.M. 35 Min. Jakobsweg: Kapelle St. Antoni – Maichäppeli, 629 m ü.M. – St. Jakob 45 Min. Kartenmaterial: LK 1: 25 000 Alpnach, Nr. 1170 Quellen: (1) Pirmin Meier, Magisch Reisen Schweiz, Goldmann Verlag, München 1993 (2) Bernd Steiner/Verena Eggmann, Baumgenossen, AT Verlag, Aarau 2002 (3) Kurt Derungs, Baumzauber, edition amalia, Grenchen 2008 |