Unsere Wanderung zu einem der ältesten und ungewöhnlichsten Bäume der Schweiz beginnt in Corcelles, einer kleinen Ortschaft am Fusse des Mont Raimeux an der Bahnlinie Solothurn-Oberdorf-Gänsbrunnen-Moutier. Von der Haltestelle der Bahn wenden wir uns dorfwärts und folgen dem Wander-Wegweiser nach Gänsbrunnen. Im unteren Teil des Dorfes, nahe des Bahnviadukts, steht ein interessantes Gebäude, der «Martinet», die Hammerschmiede aus dem 18. Jahrhundert. Bis 1955 war sie in Betrieb, ist heute als Museum eingerichtet und es finden auch Führungen durch die Werkstatt statt. Infos gibt es unter www.museebeju.ch. Bergan gehen wir weiter auf dem Wanderweg und gelangen bald auf die Wiese vor dem Hof Aux Vaivres. Jetzt müssen wir für den weiteren Verlauf der Wanderung die Karte zu Hilfe nehmen, da wir vom Wanderweg abzweigen. Von Pt. 710 steigen wir auf dem Fahrweg hoch und kommen bald in den Wald. Bei Pt. 800 treffen wir auf eine Feuerstelle mit einem Brunnen. Weiter geht’s bergan in drei Kurven bis Pt. 964. Wir queren eine Weide mit Einzelbäumen. Unter einer Fichte entdecken wir einen grossen alten Birnbaum. Bald kommen wir zu einer Waldlichtung bei Pt. 1000. Das Strässchen rechts führt auf eine Wiese. Wir halten links und nach 50 Metern geht der Weg in einen schmalen Pfad über, der in zwei Kehren direkt zur Eibe hinaufführt. Kommen wir zur Eibe, fällt uns zuerst der gefächerte gedrehte Stamm auf. Auf der Südseite ist diese Drehung besonders ausgeprägt, auf der Ostseite geht sie in den hohlen Stamm über. Die Eibe ist ein «eigenwilliger» Baum, bei ihm gilt Alter vor Schönheit. Schätzungen gehen hier von 1500 Jahren aus. Weil der Stamm hohl ist, lässt sich das auch nicht (mittels einer Kernbohrung) an den Jahrringen nachzählen. Der Aufbau des Baumes lässt eine Systematik vermissen: Zwei Hauptäste gehen aus dem Stamm hervor, kürzere Äste «brechen» aus dem Stamm heraus. Die Eibe steht in einem relativ dicht von Fichten, Föhren und Laubbäumen -hauptsächlich Buchen- bestandenen Abhang in nordwestlicher Ausrichtung.
Auf dem Rückweg besuchen wir die Eishöhle Creux de Glace. Von der Eibe zurück auf dem Fahrweg zweigt ca. 20 Meter nach dem Brunnen ein schmaler Pfad links ab. Wir folgen ihm, überqueren ein (meist trockenes) Bachbett und stehen bald vor einem riesigen Felsspalt. Links eines grossen Felsklotzes zieht sich ein drei bis vier Meter breiter Spalt in die Tiefe. Schon beim Eingang strömt uns kalte, feuchte Luft entgegen. Je tiefer wir uns vorwagen, desto kälter die Luft- eine ganz angenehme Abkühlung im Sommer. Etwa fünf Meter tief können wir in die Höhlung vordringen. Die rechte Höhlenwand ist feucht und eisig, links ist sie mit Moos überwachsen. In der kalten Jahreszeit bildet sich hier Eis, das lange bis in den Sommer überdauert. Solche Eishöhlen sind nicht selten im Jura, wie z.B. die Creux de Glace im Chasseralgebiet oder die Glacière de Monlési auf dem Weg vom Val de Travers nach La Brévine. Folgen wir dem Pfad weiter abwärts treffen wir auf weitere Höhlungen. Eine total spannende Umgebung: Wir wandern auf dem Rücken zwischen zwei bis 30 Metern und mehr tiefen Felsspalt-Reihen, in die sich beeindruckende Tiefblicke ergeben. An einigen Stellen ist ein Einstieg möglich, in z.T. nur ein bis zwei Meter breite turmhohe Spalten. Eine Landschaft, die man nicht so rasch vergisst. Bei Nässe ist Vorsicht geboten. Auch für Kinder ist das ein Erlebnis -aber immer aufgepasst! Am Schluss erreichen wir die Fahrstrasse. Dann haben wir die Möglichkeit, nach Corcelles zurückzuwandern oder über die Siky Ranch nach Gänsbrunnen.
Wie hin?
Mit der Solothurn-Münster-Bahn (bls) bis zur Haltestelle Corcelles, Fahrplanfeld 411
Wie weiter?
-zurück nach Corcelles auf der gleichen Route wie beim Anstieg oder über Creux de Glace
-zurück über Creux de Glace, dann links auf dem Wanderweg zur Siky Ranch und weiter zur Bahnstation Gänsbrunnen, Anschluss nach Solothurn bzw. Moutier, Fahrplanfeld 411
Wie lange?
-Aufstieg von Corcelles bis zur Eibe 1 Std. 20 Min.
-Rückweg von der Eibe nach Corcelles über Creux de Glace 1 Std. 20 Min.
-Rückweg von der Eibe über Creux de Glace, dann über Siky Ranch nach Gänsbrunnen, Bahnstation 1 Std. 10 Min. Zustiegsmöglichkeit auch in Crémines Zoo.
Kartenmaterial:
LK 1:25 000 Moutier, Nr.1106; Schweiz Mobil Karte
Die extreme Elastizität und dennoch grosse Härte des Eibenholzes war für die Ausbeutung der Eibenbestände verantwortlich, so dass der Baum in vielen Gegenden Europas selten geworden ist. Die englischen Langbögen waren nämlich aus Eibenholz und spielten in der Geschichte des «Hundertjährigen Krieges» eine grosse Rolle. Ein Merkmal ist auch die hohe Giftigkeit. Für Pferde sind geringe Mengen der Nadeln tödlich. Wiederkäuern dagegen schmecken sie. Als immergrüner und sehr langlebiger Baum ist die Eibe ein Symbol des ewigen Lebens. Auf den Kirchhöfen der Normandie, Englands und Schottlands finden sich noch heute diese Urbäume. Sie entwickelten sich häufig mehrstämmig. Mit den Jahrhunderten wuchsen die Stämmlinge zu einem vasenförmigen Stamm zusammen.
Ein höchst interessanter und vielfältiger Baum.
Link dazu: Die Eibe-ein Baum voller Magie-waldwissen.net oder
Ausführliches zu Natur und Kultur der Eibe: Fred Hageneder, Die Eibe in neuem Licht, Verlag Neue Erde, Saarbrücken, 2007