Cardada/Cimetta/TI
Die Tanne auf Al Söö, ein Baummonument hoch über LocarnoCimetta, der Hausberg von Locarno, bietet eine phänomenale Rundumsicht vom tiefsten Punkt der Schweiz, dem Lago Maggiore, bis zum höchsten Punkt, der Dufourspitze des Monte Rosa. Schnell ist er erreicht: Mit dem Funicolare vom Bahnhof Locarno nach Orselina und von da mit der Luftseilbahn und dem Sessellift nach Cimetta. Dann folgen wir dem Wegweiser nach Alpe Vegnasca, erreichen zuerst den Einschnitt Bassa di Cardada, von dem die Via Alta Vallemaggia mit dem Anstieg zur Cima della Trosa beginnt. Wir steigen aber links am Rand der Skiliftschneise in Kehren zur Alpe Vegnasca ab. Nach der darauffolgenden Weggabelung halten wir uns rechts, der Bergweg ist rot-weiss-rot markiert, und kommen bald zur Lichtung Al Söö. Früher sicher beweidet, ist sie heute vergandet. Wir treffen auf zwei Gebäude, eines ist zerfallen, das zweite scheint noch halbwegs in Betrieb zu sein. Die Tanne steht ca. 15 m unterhalb des Wegs inmitten von Laubbäumen. Der Stamm ist hohl bis auf drei m Höhe ab Boden. Ein Riesenast ist aus dem Baum herausgebrochen, liegt am Boden und hat eine grosse Wunde hinterlassen. Der Stamm trägt noch drei Hauptäste in Kandelaberform, wovon zwei grössere und ein kleiner, welcher der einzige ist, der grüne Nadeln hat. Die Abbruchstelle ist stark vermodert und von Wind und Wetter gezeichnet und die Stammhöhlung ist schwarz verfärbt, sehr wahrscheinlich von einem Blitzschlag. Die Wurzeln bilden einen breiten Sockel. Auf Brusthöhe habe ich einen Stammumfang von 7.50 m gemessen. Die Tanne hat Brände und intensiven Weidebetrieb wie auch radikalen Kahlschlag der Wälder des Maggiatals überlebt. Stark angeschlagen-wir hoffen das Beste für sie- ist sie heute immer noch ein Monument, das uns Respekt abverlangt und uns zu Gedanken auffordert, wie sie in zwei Zitaten von Bruna Martinelli (Quelle s. unten) Ausdruck finden: „Auch die Tanne von Söö war einst ein kleiner Sämling, der dann heranwuchs und Jahrhunderte überdauerte, in denen es weit schwieriger war zu überleben als heute“. Aber auch stellt sich uns die Frage: „Werden in dieser Berglandschaft noch neue Bäume von grossen Dimensionen ruhig und ungestört alt werden können?“ Durch dichten Buchenwald wandern wir weiter abwärts, bald ermöglichen sich uns Tiefblicke ins Maggiatal und ins Centovalli. Nach der Ferienhaussiedlung Monteggia wird der Birkenwald vorherrschend, später sind es Erlen und Hasel. Auf etwa 900 m Höhe sind die ersten Kastanien da, zuerst kleinere Bäume, später ein paar Riesenkastanien, die aber alle abgestorben sind. Interessant ist, dass es hier verdorrte Riesenkastanien hat, die von jungen armdicken Jungbäumen ringförmig umgeben sind. Der letzte Abschnitt der Wanderung über der Schlucht von Ponte Brolla ist steil und geht in die Beine. In Avegno verabschieden wir uns aus dem Wald über eine Schwelle neben einem Bildstock. Ein stimmiger Abschied. Wie hin? Wie zurück? Wie lange? Kartenmaterial: |